Am 25. Mai vor einem Jahr trat die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft. Statt für Klarheit sorgte die EU-weite Verordnung auf Seiten der Wirtschaft zunächst jedoch eher für Verunsicherung und in Teilen gar für Unmut. Doch ein Jahr nach Einführung der DSGVO herrscht auch bei deutschen Verbrauchern wenig Klarheit im Hinblick auf Gesetze und Regelungen zum Datenschutz: Vier von fünf Deutschen (81%) empfinden diese zumindest zum Teil als zu kompliziert. Besonders bedenklich: Jeder dritte Deutsche (33%) glaubt trotz der neuen Regelungen sogar, die Kontrolle über seine Daten verloren zu haben.
Dies sind die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage von content echo, einem Anbieter von Marketing-Automatisierung. Die Befragung wurde durch das Marktforschungsunternehmen Norstat durchgeführt. Befragt wurden 1011 Personen ab 18 Jahren in Deutschland.
Interessanterweise beklagen ausgerechnet jüngere Deutsche (unter 40 Jahre) einen Kontrollverlust, obwohl dieser Gruppe gemeinhin eine größere Technikkompetenz zugeschrieben wird. Dabei bringt die DSGVO den Verbrauchern eigentlich mehr Transparenz und auch umfangreiche Kontrollmöglichkeiten im Hinblick auf die Verwendung und Speicherung von Daten. Ein wichtiger Bestandteil ist etwa die so genannte Datenschutzerklärung, die Unternehmen auf ihrer Website zur Verfügung stellen müssen. Gerade diese Erklärung und das damit verbundene, potenzielle Abmahnrisiko haben bei einigen Unternehmen für Verärgerung gesorgt.
Das Interesse der Verbraucher an dem nicht selten sehr umfangreichen Text ist durchwachsen: Zwar schaut sich immerhin jeder Vierte häufig oder sogar sehr häufig Datenschutzerklärungen im Internet an. Doch der überwiegende Teil der Deutschen hat eher weniger Interesse an den Ausführungen zum Datenschutz: Knapp drei Viertel (72%) der Befragten wagen nur gelegentlich bis nie einen Blick auf die Erklärung.
Die DSGVO gibt Verbrauchern auch die Möglichkeit, bei Unternehmen personenbezogene Daten anzufordern. Von dieser Möglichkeit haben bislang 15 Prozent der Verbraucher Gebrauch gemacht. Doch die Anzahl dieser Anfragen dürfte sich in Zukunft erhöhen: Knapp jeder zweite Befragte (46%) gibt an, in Zukunft wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich über ihn gespeicherte Daten bei Unternehmen anzufordern. Allerdings wissen viele Verbraucher gar nicht mehr, wo überall persönliche Daten über sie gespeichert sind. Nur jeder Zwanzigste (5%) ist sich sehr sicher zu wissen, bei welchen Unternehmen das der Fall ist.
Die generelle Verunsicherung der Verbraucher dürfte dazu führen, dass die Bereitschaft, persönliche Daten mit Unternehmen zu teilen, in Zukunft abnehmen wird. Immerhin jeder Dritte (32%) gibt an, künftig eher weniger Daten zur Verfügung stellen zu wollen. Gleichzeitig befürwortet jeder Zweite (54%) die Idee einer Daten-Steuer auf Unternehmensgewinne, die auf Basis von Nutzer- oder Kundendaten erwirtschaftet wurden. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte die Idee einer Daten-Steuer im vergangenen Jahr ins Spiel gebracht.
Datenschutz ist Verbrauchern sehr wichtig, aber irgendwie doch ziemlich egal
„Neben Ängsten und Verunsicherung im Zusammenhang mit persönlichen Daten deckt die Untersuchung allerdings auch große Widersprüche auf,“ sagt Markus Braun, Inhaber von content echo. „Zwar beklagen Verbraucher einerseits einen Kontrollverlust und wollen künftig weniger Daten zur Verfügung stellen, andererseits teilen die Deutschen in immer größerem Umfang auch persönlichste Daten mit Internetunternehmen.“ So nutzen mittlerweile 15 Prozent der Deutschen einen intelligenten Lautsprecher wie Amazon Echo, Apple HomePod oder Google Home, der auf Sprachkommandos reagiert und Assistenzfunktionen bietet. Und das, obwohl es der überwiegende Teil (67%) der Nutzer für wahrscheinlich hält, dass auch private Gespräche aufgezeichnet und ausgewertet werden.
Einverstanden sind die Smart-Speaker-Nutzer mit einer Aufzeichnung und Auswertung privater Konversationen mehrheitlich (70%) zwar nicht, aber jeder Dritte (32%) meint, solange der Nutzen der Lautsprecher überwiege, sei gegen die Aufzeichnung nichts einzuwenden. Jeder Vierte (24%) meint gar, ihm sei die Aufzeichnung privater Gespräche egal, da er nichts zu verbergen habe.
„Unternehmen sollten ihre Anstrengungen in Sachen Datenschutz nicht nur als lästige Pflichten sehen, sondern diese aktiv in ihre Kommunikation und ihr Angebot integrieren, um so Wettbewerbsvorteile zu realisieren. Trotz des scheinbar widersprüchlichen Verhaltens der Verbraucher und einer gewissen Desensibilisierung durch immer neue Datenskandale wird das Thema Datenschutz weiter an Bedeutung gewinnen,“ sagt Markus Braun.
Das Marktforschungsunternehmen Norstat hat für den „Faktenkompass Datenschutz“ im Zeitraum vom 18. bis 25. April 2019 online 1011 Personen ab 18 Jahren in Deutschland befragt. Die Umfrageergebnisse sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung.
Der Faktenkompass Datenschutz ist hier zum Download erhältlich.
Hinweis: In zwei Wochen erscheint eine detaillierte Folgestudie zum Thema „Personalisierung im Marketing – im Spannungsfeld von künstlicher Intelligenz und Datenschutz